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»Pique Dame«: 6. Benefizaufführung

Mühlhausen. Hätte er doch ein Herz gehabt. Dann säße er jetzt nicht mit diesem entseelt-leeren Blick im Wirrsein der Welt und würde „drei, sieben, Ass“ vor sich hin brabbeln. Doch jeder ist seines Glückes Schmied. Oder seines Unglücks. So wie Hermann. Eben noch ein junger Offizier und Glücksritter im mondänen St. Petersburg des 19. Jahrhunderts - und nun sitzt er da in geistiger Umnachtung und kann nicht fassen, dass ihn die Pique Dame betrogen hat. Mitleid hat wohl niemand mit ihm. Selber schuld, möchte man ihm zurufen.

Hermann ist der tragische Held in Alexander Puschkins Meisternovelle „Pique Dame“, die in hochkarätiger Besetzung am 19. Mai 2015 in der Kornmarktkirche aufgeführt wurde. Zu diesem musikalisch-literarischen Benefizabend mit dem aus Film- und Fernseh-Produktionen bekannten Schauspieler Daniel Morgenroth (»Für alle Fälle Stefanie«, »Soko«, »Der Alte«), dem Sänger Jochen Kowalski (Ensemblemitglied an der komischen Oper Berlin) und dem Pianisten Dietrich Sprenger (Studienleiter an der komischen Oper Berlin) hatte der Freundeskreis Mühlhäuser Museen eingeladen. Mit ausgewählten Zutaten entwickelten die Bühnenprotagonisten ihr Spiel: einem geheimnisvollen Kartentrick, zauberhaften Arien und russische Prosa. Während Daniel Morgenroth mit seiner Stimme den Puschkin-Figuren Gestalt und Seele gibt, Altist Jochen Kowalski singt und Dietrich Sprenger am Klavier begleitet, entspinnt sich irgendwo zwischen Fantasie und Wirklichkeit Puschkins »Pique Dame«. Erzählt und gespielt wird die unheimliche Geschichte der greisen, inzwischen etwas düdeligen aber immer noch geheimnisvollen Gräfin Anna Fedotowna, ihrer schönen aber einsamen Gesellschafterin Lisaweta Iwanowa und des Offiziers Hermann. Die längst verwelkte Gräfin - einst „Venus von Paris“ genannt - soll in ihrer Jugend einen Trick erfahren haben, wie man im Kartenspiel unfehlbar gewinnen kann. Um an dieses gehütete Geheimnis zu kommen, macht sich Hermann die innige Zuneigung von Lisaweta zu Nutze. Nur so gelingt es ihm, sich um Mitternacht in die Gemächer der Gräfin zu schleichen. Auf unheimliche Weise wird ihm schließlich das Geheimnis zugeraunt. Die Drei, die Sieben und das Ass - das sollen sie sein, die drei Karten zum Reichtum. Mit diesem Wissen will Hermann, der sich nie "in der Lage" fühlte, "das Unentbehrliche auf die Karte zu setzen, um Überflüssiges zu gewinnen", von einem Tag zum anderen sein ganzes Leben durch ein Spiel verändern. Natürlich kommt es anders, als Hermann denkt. Er verliert nicht nur all sein Geld, sondern auch jede Moral und am Ende gar seinen Verstand... „Drei, sieben, Ass“, brabbelt er von nun an vor sich hin.
Eingeflochten in die von Daniel Morgenroth spannend vorgetragene Handlung singt der berühmte Countertenor Jochen Kowalski mit seiner bemerkenswerten Stimme Romanzen russischer Komponisten nach Texten von Alexander Puschkin. Es erklingen Kompositionen von Glinka, Ljadov, Scheremetjew und Tschaikowski sowie eine Arie aus Grétrys Oper »Richard Coeur-de-Lion«, einfühlsam begleitet von Dietrich Sprenger am Flügel.
»Pique Dame« war ein in Mühlhausen selten zu erlebender Theaterabend der extra Klasse. Etwa 400 Besucher dankten dem Trio dafür mit reichlich Applaus. Die Einnahmen dieses mittlerweile sechsten Benefizabends des Freundeskreises sollen der weiteren Ausgestaltung des museumspädagogischen Konzepts „Unstrut-Hainich tiefgründig“ zugute kommen.

19/05/2015 Mühlhausen: Pique Dame Foto: Iris Henning

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